03.05.2019

Genossenschaftsfusion

Die grösste Winterthurer Baugenossenschaft übernimmt eine kleine Schaffhauser Eisenbahner-Genossenschaft und damit auch eine historische Siedlung mit 54 schmetterlingsartig angeordneten Einfamilienhäusern im QuartierNiklausen.

Schon vor 90 Jahren machte die Schaffhauser Eigenheim-Siedlung Schlagzeilen. «Hinaus aus engen Altstadtwohnungen drängten 54 Familienhäupter zur Siedlung in Waldesnähe,im grünen Gürtelderstädtischen Peripherie.» So schrieb die Zeitschrift «Das Wohnen» im April 1929. Auf dem Titelbild zeigte eine «Fliegeraufnahme», wie die 54 Häuser mit ihren grossen Gärten angeordnet sind (laden Sie das PDF runter), und vorallem wie sehr diese damals noch völlig im Grünen lagen. Inzwischen ist das Schaffhauser Stadtquartier Niklausen beim Waldfriedhof gewachsen, doch gilt es noch immer als «gesegnet mit Grünflächen und Freiräumen», wie der Quartierverein feststellt. Bauherrschaft der Siedlung Eigenheim war die kurz davor gegründete Eisenbahner-Baugenossenschaft Schaffhausen (EBS). Es waren SBB-Angestellte mit ihren Familien, die in die nach heutigen Massstäben kleinen Häuser einzogen.«Die grossen Gärten dienten der Selbstversorgung und sollten die Eisenbahner auch davon abhalten, nach der Arbeit in der Beiz zu trinken», sagt Werner Geel. Er ist seit Jahrzehnten Präsident der EBS, 81-jährig, auch er ein ehemaliger SBB-Kondukteur und Zugführer. Doch er wohnt nicht in der Eigenheim-Siedlung, sondern in einem Genossenschaftsblock aus den 60er-Jahren. Es kam anders als gedacht. Geel und seine ebenfalls eher schon älteren Vorstandskollegen sahen sich vor zwei Jahren um
nach einer Möglichkeit, ihre Baugenossenschaft in andere, jüngere Hände zu legen. Denn es hatte sich gezeigt, Junge für die Vorstandsarbeit und die Verwaltungsaufgaben zu finden, war fast unmöglich. «Wir sahen drei Möglichkeiten: die Häuser verkaufen, die Häuser einer Firma zum Verwalten übergeben oder fusionieren mit einer anderen Genossenschaft.» Die Kontakte nach Winterthur zur HeimstättenGenossenschaft HGW hätten nicht primär eine Fusion zum Ziel gehabt, er habe zuerst eher an eine Verwaltung der 143 Wohnungen der Eisenbahner-Baugenossenschaft gedacht. Doch es kam anders: In einem Prozess, der rund zwei Jahre dauerte, sei man sich nähergekommen, und jetzt stehen die HGW und die EBS kurz vor einer sogenannten Absorptionsfusion, eine Umschreibung von Übernahme oder Integration. Die HGW integriert die EBS und übernimmt all deren Liegenschaften, aber auch alle Mietverträge und Verpflichtungen gegenüber Banken, Handwerkern und Lieferanten. Denn gegenwärtig ist die Schmetterlings-Siedlung gerade in einer Renovationsphase. «Die hätte ich gerne noch abgeschlossen», sagt Werner Geel. «doch nun gehts halt plötzlich rasch vorwärts.» Einstimmig für die Fusion Seine Eisenbahner-Baugenossenschaft Schaffhausen hat die Fusion vor einigen Tagen ohne Gegenstimme gut geheissen, was Geel überraschte; 80 aller 167 Genossenschafter nahmen an der Generalversammlung teil. Am 21. Mai wird sich die HGW in Winterthur an der GV dieselbe Frage stellen: Fusion mit der EBS? Und niemand erwartet ein Nein. «Für mich stimmt diese Lösung, ich habe Vertrauen in die Winterthurer, die sind gut aufgestellt», sagt Geel. In Schaffhausen jedoch, das zeigte kürzlich ein Artikel in der dortigen AZ, gibts auch Kritiker der Fusion. Eine frisch gegründete lokale Genossenschaft hätte die Liegenschaften der EBS auch gerne übernommen. «Wir waren schon mit der HGW am Reden, da konnte ich nicht einfach vom Verhandlungstisch aufstehen und weglaufen», hält Geel dagegen. Besser zu bewirtschaften Die Winterthurer HeimstättenGenossenschaft auf der anderen Seite war nicht auf der Suche nach Fusionsobjekten. Was ansteht, wird die erste Fusion in bald hundert Jahren HGW sein. Doch Geschäftsführer Martin Schmidli findet, die beiden Genossenschaften würden gut zusammenpassen. Und in einer Mitteilung versichert die HGW, die Bewohnerinnen und Bewohner seien «weiterhin gut aufgehoben», auch für künftige Generationen werde man günstigen Wohnraum erhalten. Den Vorteil für die HGW sieht Schmidli in der Bewirtschaftung. Schon jetzt hat die HGW vie rMehrfamilienhäuser in Flurlingen; nun kommen weitere 143 Wohnungen jenseits des Rheins hinzu. «Bisher musste ein Hauswart von Winterthur zum Rechtenschauen, sagt Schmidli, «jetzt werden wir prüfen, für rund 200 Wohnungen einen Hauswart anzustellen.»



 

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