02.07.2020

Barbara Peverelli, 68 Jahre

Barbara Peverelli hat sich an die Empfehlungen gehalten und ihren Balkon darum umso mehr genossen – auch wenn es manchmal hart war, alle auf Distanz halten zu müssen.

Sie haben sich streng an die Empfehlungen gehalten und sind zu Hause geblieben – ist Ihnen das leichtgefallen?
Also eigentlich war mein Schwiegersohn der Auslöser dafür. Am Tag des Lockdowns sagte er: «Wir wollen nicht, dass du krank wirst, wir brauchen dich noch. Bleib bitte zu Hause.» Am Anfang fand ich das nicht so lustig und habe mich etwas gesträubt – ich fühlte mich plötzlich so alt! Aber ich habe mich natürlich daran gehalten, damit sich niemand Sorgen machen musste. Auch weil es mir gutgetan hat, etwas kürzerzutreten. 

Hatten Sie Angst, sich anzustecken? 
Ja, eigentlich schon, und die habe ich manchmal immer noch. Ich komme aus einem medizinischen Beruf und weiss, was eine leicht ansteckende Krankheit ohne Impfung bedeuten kann. Daher wundert es mich schon sehr, wie locker die Leute mittlerweile damit umgehen – auch teilweise rücksichtslos sind. Die meisten schützen sich und die anderen eigentlich nicht. Ich schaue darauf, dass ich beim Einkaufen, was ich jetzt wieder mache, Maske trage. 

Wer hat denn während des Lockdowns für Sie eingekauft? 
Meine Tochter lebt mit ihrer Familie gleich schräg gegenüber und mein Schwiegersohn hat meine Einkäufe erledigt – obwohl er und meine Tochter in der Corona-Zeit ihr zweites Kind bekommen haben. Es gab auch eine Flyer-Aktion von einem Nachbarn, der Einkaufshilfe angeboten hat und das dann auch zuverlässig gemacht hat.

Wie haben Sie die Nachbarschaftlichkeit sonst erlebt? 
Wir haben hier sowieso einen guten Zusammenhalt. Aber während dieser Zeit haben wir einander auf dem Balkon zugewunken am Morgen – jetzt leider nicht mehr. Ich habe auch sonst viele Telefone erhalten und man wurde öfter gefragt, wie es einem geht. Das fand ich sehr schön. Aber das ist nun wieder vorbei. Meine Tochter und ich organisieren mit der Hilfe von anderen in der Siedlung jeweils das HGW-Fest – vielleicht kommen dieses Mal noch mehr als sonst.

Sie haben einen Enkel, den Sie vorher täglich gesehen haben. Wie blieben Sie in Kontakt? 
Mein vierjähriger Enkel hat sich sehr gut und mit grossem Verständnis an alles gehalten. Vor meinem Balkon gibt es einen Baum – da ist er manchmal raufgeklettert, um mit mir ein bisschen «auf Augenhöhe» zu plaudern. Und ich hatte einen roten Eimer, den ich hinunterlassen konnte, sodass er oder andere mir etwas hineinlegen konnten. Am meisten gefreut habe ich mich über die eiskalten Melonenschnitze. Gegen Ende des Lockdowns sassen wir auch mal zusammen am Gartentisch – je am anderen Ende – und ich erzählte Geschichten. Und einmal gingen wir spazieren, mit einem gespannten, zwei Meter langen Seil zwischen uns. Die Leute haben natürlich komisch geschaut, aber es gab auch Lob und Interesse. Und irgendwann durften wir dann wieder «Händli geben», da hat Paul sich zuerst gar nicht recht getraut.

Was nehmen Sie mit aus dieser Zeit? 
Dass es mir gutgetan hat, so richtig herunterzufahren. Sonst ist bei mir immer etwas los, ich bin recht engagiert und auch jetzt habe ich wieder ständig Termine. Einfach Zeit für den Kleinkram zu haben, Handarbeiten machen oder mal fernsehen. Ich habe viel Zeit auf dem Balkon verbracht, was auch manchmal hart war, weil ich die Grill- oder Plauderrunden dann nur aus der Ferne beobachten konnte. Im Nachhinein denke ich, ich hätte die Zeit vielleicht noch bewusster nutzen können, zum Beispiel mehr lesen. Aber ich wünsche es mir trotzdem nicht zurück. 

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