02.07.2020

Ruben Schmidli, Koch und Allrounder, 26 Jahre

Ruben war als Tauchlehrer in Indonesien und musste heimkehren, als die Pandemie ausgerufen wurde. Seither hat er in der Schweiz als Erntehelfer und Hilfsgipser gearbeitet.

Mussten oder wollten Sie in die Schweiz zurückkehren?
(lacht) Nein, ich wollte nicht zurückkehren, das nicht. Aber irgendwann gab es keine andere Option mehr. Ich hatte seit zwei Monaten als Tauchlehrer auf einer Insel gearbeitet. Die Lage war über lange Zeit sehr ungewiss und es waren keine Informationen erhältlich. Es hiess, es gebe keine Fälle. Über indonesische Kollegen erfuhr ich, dass die Moscheen Durchsagen verbreiteten, wie man sich verhalten solle. 

Wann wussten Sie, «jetzt ist es so weit»?
Mitte März kam ich ins Tauchzentrum und es hiess, die Insel sei zu. Ich dachte erst, ich hätte mich verhört. Innerhalb weniger Tage war die Situation total verändert, alles war zu, die Touristen weg und ich hatte keine Arbeit mehr. Gleichzeitig hatte ich eine wüste bakterielle Infektion an den Beinen, vermutlich von Spinnenbissen. Die Rückreise lag auf der Hand. 

Wie haben Sie die Rückreise erlebt?
Das war absolut speziell! Man wusste einfach nichts, täglich änderte sich alles. Trotzdem funktionierte alles reibungslos. Ich hatte lange Wartezeiten für Unvorhergesehenes einberechnet und wartete dann acht Stunden lang am menschenleeren Flughafen in Jakarta und drehte meine Runden. Jedes Mal, wenn ich von draussen wieder nach drinnen kam, hat derselbe Angestellte bei mir Fieber gemessen. Nach der Landung in der Schweiz mussten wir erst mal eine Stunde im Flieger warten, weil man nur in Kleingruppen aussteigen durfte. Meine Eltern haben mich empfangen.

Was hat Sie in der Schweiz erwartet? 
Leere Strassen und Städte. In der ersten Zeit hatte ich überhaupt nicht das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein. Das Wiedersehen mit meinen Kollegen fehlte mir, es war alles so ausgestorben und anders.

Und danach – wie haben Sie den Rest des Lockdowns verbracht?
Nach einer ersten Nacht zu Hause musste ich für drei Nächte ins Spital. Nicht wegen Corona, sondern wegen meiner entzündeten Beine. Danach wusste ich, ich muss irgendwas machen und Geld verdienen. Aufs RAV wollte ich auf keinen Fall. Ich hatte mir gerade sechs Monate Reisen leisten können und viele andere Leute hatten ihren Job verloren. So erntete ich Lauch auf einem Bauernhof. 

Hadern Sie noch damit, dass Sie Ihren Traum nicht verwirklichen konnten?
Die Ungewissheit ist etwas schwierig. Ich habe als Koch gearbeitet, seit ich 19 Jahre alt war, und gehe immer wieder für zwei bis drei Monate auf Reisen zum Tauchen. Jetzt wollte ich zum ersten Mal länger unterwegs sein – vielleicht ein bis zwei Jahre. Momentan bin ich daher zwischen Stühlen und Bänken, persönlich und finanziell. Das Ziel ist es schon, wieder zu gehen. Aber der Tourismus wird wohl aus Unsicherheit über längere Zeit hinweg noch arg angeschlagen bleiben. 

Welche Erkenntnis nehmen Sie aus der Corona-Zeit mit?
Für mich hat sich trotzdem bestätigt: Es kommt schon gut. Mir bringt es nichts, wenn ich mich nerve, dass ich nach Hause kommen musste. Ich kann arbeiten, ich bin wieder gesund, mehr brauche ich nicht. Kollegen von mir in Indonesien ist alles weggebrochen, niemand ist versichert, sie leben jetzt von heute auf morgen als Selbstversorger. Da haben wir es hier doch schon ziemlich gut!

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